Histologie: Techniken und Färbungen
Histologische Techniken sind jene Methoden der Histologie, die für die Anfärbung und damit die Darstellung von Präparaten zur Verfügung stehen.
Verwendung | Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie |
Präparation |
Arbeitsschritte zum Dauerpräparat: Fixierung, Einbettung, Schneiden, Entparaffinieren, Färbung, Eindecken |
Färbungen |
Standardfärbungen: Eisenhämatoxylin, Hämotoxylin-Eosin, Azan, Masson, Goldner, van Gieson Elastika-Färbungen: Orcein bzw. Resorcin-Fuchsin Histochemische Färbungen: - substrathistochemisch: PAS-Färbung, Silberimprägnation, Sudan III, Sudanschwarz - Enzymhistochemie Immunhistochemie: direkte Methode, indirekte Methode, Enzym-Immunkomplex-Methode |
Äquivalentbild |
Keine exakte Widergabe des Lebendzustandes einer Zelle durch Präparate. ABER: Äquivalentbilder erlauben naturgetreue Darstellung der jeweiligen Situation. Äquivalentbilder sind reproduzierbar sofern die gleiche Methode bei der Präparation angewendet wird. |
Artefakte | Nicht reproduzierbare Veränderungen bei fehlerhaften Präparationen, die keine Rückschlüsse mehr auf den Gewebezustand im lebenden Organismus zulassen. |
Verwendung
Gängig ist die Anfertigung von Präparaten für die Lichtmikroskopie, üblicherweise in den Vergrößerungen 10-fach, 20-fach und 40-fach. Bei der 100-fachen Vergrößerung muss zur Betrachtung der Präparate ein Adjuvans verwendet werden.
Bei Präparaten für die Lichtmikroskopie wird zwischen "Standardfärbungen", histochemischen Färbungen und Immunhistochemie unterschieden.
Neben der Lichtmikroskopie steht die Elektronenmikroskopie (EM) zur Verfügung. Wegen des enormen technischen Aufwandes, der mit dem Betrieb der Gerätschaften einhergeht und der Empfindlichkeit der Präparate, finden EM-Präparate im Anatomieunterricht keine Anwendung.
Präparation
Um Gewebeproben für die Lichtmikroskopie aufzubereiten, müssen verschiedene Arbeitsschritte durchlaufen werden. Grundsätzlich sind das die Fixierung, die Einbettung, das Schneiden und die eigentliche Färbung des Präparats.
Ziel der Fixierung ist der Erhalt von Gewebe und Zellen in möglichst naturgetreuem Zustand. Dazu müssen alle Prozesse, die üblicherweise postmortal oder nach Gewebeentnahme ablaufen, gestoppt werden. Dazu zählen das Anschwellen von Zellen infolge von Wassereinstrom und Schrumpfung von Geweben infolge von Austrocknung.
Die Standardmethode der Wahl ist die chemische Fixierung mithilfe von Formaldehyd. Sofort nach der Gewinnung der Probe wird diese in eine Formaldehydlösung eingelegt. Dabei kommt es zur Vernetzung sowie einer leichten Denaturierung aller Proteine. Lipide und Kohlenhydrate werden davon nicht betroffen. Die Wirkung auf Proteoglykane und Glykoproteine ist begrenzt.
Auf die Fixierung folgt die Einbettung in Paraffin. Dabei wird das Gewebe in flüssiges Paraffin eingetaucht und durchtränkt, anschließend härtet das Paraffin aus. Paraffinblöcke sind extrem hart, dadurch ist es später möglich vom Präparat feine Schnitte anzufertigen.
Voraussetzung für die Einbettung ist das vollständige Entfernen von Wasser, da Paraffin praktisch vollkommen wasserunlöslich ist. Dies wird erreicht, indem das Wasser in einem längeren Prozess schrittweise durch Ethanol ersetzt wird. Ethanol wird wiederum schrittweise durch ein Intermedium wie Xylol ersetzt, welches letztlich schrittweise durch flüssiges Paraffin ersetzt wird.
Der paraffinierte Gewebeblock wird in das Mikrotom eingespannt, ein Gerät, das mit besonderen Messern zum Schneiden solcher Blöcke ausgestattet ist. Dieses Gerät erlaubt die Einstellung bestimmter Schichtdicken, die sich im ultradünnen Bereich bewegen.
Die gewonnenen Schnitte werden anschließend auf Objektträger aufgebracht.
Als nächster Schritt muss das verbliebene Paraffin wieder herausgelöst werden, z.B. mit Xylol. Dieser Vorgang wird als Entparaffinieren bezeichnet.
Anschließend erfolgt das Färben des Präparates. Dazu wird der Objektträger für eine vordefinierte Zeit in eine Färbelösung gestellt. Je nach Färbungstyp wird der Objektträger anschließend noch in andere Lösungen eingebracht. Die überschüssige Farbe wird mithilfe spezieller Spüllösungen entfernt.
Auf das Präparat wird abschließend ein Deckglas aufgebracht, das mithilfe eines Klebstoffs fixiert wird (Eindecken).
Ergebnis dieser gesamten Vorgänge ist ein Dauerpräparat. Solche Präparate sind extrem langlebig. Eine Reihe der Präparate in anatomischen Sammlungen sind weit über 50 Jahre alt. Bei korrekter Durchführung der Arbeitsschritte ist davon auszugehen, dass solche Dauerpräparate weit über hundert Jahre erhalten bleiben.
Neben der beschriebenen Vorgehensweise existiert noch eine weitere, deutlich weniger zeitaufwändige Methode zur Anfertigung von Präparaten. Dabei wird das fixierte Material umgehend gefroren. Der stark heruntergekühlte Eisblock kann unmittelbar in einem Gefriermikrotom geschnitten und die Schnitte können direkt auf einen Objektträger aufgebracht werden. Die Färbung erfolgt sofort. Alle weiteren Schritte entfallen. Diese Vorgehensweise eignet sich bei Zeitmangel oder wenn die Proteindenaturierung noch geringer gehalten werden soll. Solche Präparate stellen in der Regel keine Dauerpräparate dar und haben nur eine geringe Haltbarkeit.
Färbungen
Standardfärbungen
Eine Reihe von Färbungen werden als "Standardfärbungen" bezeichnet, weil sie breiten Einsatz finden. Durch diese Färbungen werden entweder die Kerne (Eisenhämatoxylin), Kerne und Zytoplasma (Hämatoxylin-Eosin) oder Kollagenfasern (Azan, Masson, Goldner, van Gieson) hervorgehoben.
Die Darstellung von elastischen Fasern bedarf spezieller sogenannter "Elastika-Färbungen" (Orcein bzw. Resorcin-Fuchsin).
Ziel der Standardfärbungen ist es, Gewebe so darzustellen, dass die enthaltenen Strukturen voneinander abgegrenzt werden können. Sie werden daher auch als Übersichtsfärbungen bezeichnet.
Grundlage für solche Färbungen sind die unterschiedlichen Affinitäten der Farbstoffe für bestimmte Gewebebestandteile. Verantwortlich dafür sind elektrostatische Wechselwirkungen zwischen Farbstoff und Gewebebestandteil.
Basische Farbstoffe |
Basische (kationische) Farbstoffe binden an anionische Komponenten (DNA, RNA und sulfatierte Glykosaminoglykane), weshalb sie als basophil bezeichnet werden. - Vor allem Färbung von Zellkernen - Häufigster verwendeter Farbstoff: Hämatoxylin. |
Saure Farbstoffe |
Saure (anionische) Farbstoffe binden an kationische Komponenten /Hämoglobin, Mitochondrien und verschiedene Speicher- und Sekretgranula). Deshalb werden sie als azidophil oder eosinophil bezeichnet. - Zytoplasmadarstellung - Häufigster eingesetzter Farbstoff: Eosin. |
Hämotoxylin-Eosin-Färbung |
Hämatoxylin und Eosin werden in der Regel als Kombination, Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE-Färbung), verwendet. - Nahezu jedes Präparat übersichtsweise beurteilbar, Ausnahme: reine Fettpräparate |
Histochemische Färbungen
Ziel der Anwendung bzw. Verwendung histochemischer Färbungen ist der möglichst spezifische Nachweis und die histologische Lokalisation von Stoffen (Substrathistochemie) oder der Aktivität von Enzymen (Enzymhistochemie).
Zur Darstellung von Polysacchariden, Glykoproteinen, Muzinen oder Glykolipiden eignet sich die PAS-Färbung. PAS ist die Abkürzung für periodic acid-Schiff, was für Perjodsäure (HIO4) und Schiff-Reagenz (fuchsinschweflige Säure) steht. Typisch hierfür ist die purpurrote Farbe.
Retikuläre Fasern lassen sich mit einer Silberimprägnation, z.B. nach Gomori, anfärben. Dabei reduzieren Silberionen zu metallischem Silber, welches ausfällt und reagierende Strukturen schwarz darstellt.
Zur Darstellung von Fetten eigenen sich besondere Fettfärbungen, z.B. Sudan III oder Sudanschwarz. Der Farbstoff setzt sich in den Lipiden eines Gewebes ab, da er sich in Fett besser löst als im Lösungsmittel des Färbebades. Voraussetzung ist, dass das Präparat vorher nicht mit organischen Lösungsmitteln behandelt wurde.
Spezielle Färbungen existieren auch für den Nachweis von Eisen, welcher von Bedeutung ist z.B. in Milzmakrophagen, oder für den Nachweis von sulfatierten Glykosaminoglykanen, sulfatierten Muzinen und Sulfolipiden.
Bei den dargestellten Verfahren handelt es sich um substrathistochemische Färbungen.
PAS-Färbung | Darstellung von Polysacchariden, Glykoproteinen, Muzinen, Glykolipiden |
Silberimprägnation | Darstellung retikulärer Fasern |
Sudan III / Sudanschwarz | Darstellung von Fetten |
Die Enzymhistochemie basiert auf einem anderen Prinzip: Dabei wird der zu untersuchende Gewebeabschnitt mit einem für das betreffende Enzym spezifischen Substrat unter vordefinierten Bedingungen inkubiert.
Bei den Substraten handelt es sich in der Regel um künstlich hergestellte Substanzen, die z.T. im menschlichen Körper gar nicht vorkommen. Die Bedingungen für die Inkubation betreffen pH-Wert, Ionenkonzentrationen und weitere Faktoren und sind standardisiert.
Das in der enzymatischen Reaktion entstehende Produkt wird in eine unlösliche farbige Verbindung überführt, das Ergebnis ist eine Farbveränderung im Bereich der Enzymaktivität.
Immunhistochemie
Das Prinzip der immunhistochemischen Präparation ist die Identifikation und Lokalisation eines Stoffes mittels einer Antigen-Antikörper-Reaktion. Der nachzuweisende Stoff fungiert dabei als Antigen.
Der spezifische Antikörper stammt dabei unter anderem aus dem Serum eines mit diesem Stoff immunisierten Versuchstieres (polyklonaler Antikörper) oder aus dem Kulturmedium von Hybridomzellen. Letztere entstehen durch Fusion von Antigen-stimulierten B-Zellen und einer "unsterblichen" Zelllinie, die sich von einem Multiplen Myelom herleitet.
Eine weitere Möglichkeit sind künstlich hergestellte synthetische Antikörper, die durch Versuchsreihen entstanden oder gar speziell für solche Reaktionen entwickelt worden sind.
Zur Herstellung eines immunhistochemischen Präparates wird die Gewebeprobe mit einer verdünnten Antikörperlösung überzogen. Die spezifisch gebundenen Antikörper werden dann optisch dargestellt oder elektronisch ausgewertet.
Grundsätzlich sind drei Arten von Techniken zu unterscheiden, welche den spezifisch gebundenen primären Antikörper sichtbar machen:
- Direkte Methode: Der primäre Antikörper ist mit einer Substanz gekoppelt, die als Markierung dient, in der Regel ein fluoreszierender Farbstoff.
- Indirekte Methode: der gebundene primäre Antikörper wird mithilfe eines markierten sekundären Antikörpers nachgewiesen, welcher gegen das Immunglobulin des primären Antikörpers gerichtet ist.
- Enzym-Immunkomplex-Methode: Die Anfärbung beruht auf dem Reaktionsprodukt einer enzymhistochemischen Reaktion; der an den primären Antikörper gebundene sekundäre Antikörper fungiert als Brückenantikörper, der gleichzeitig ein weiteres Immunglobulin erkennt und bindet, wobei letzteres ein Antikörper gegen ein Enzym ist und als löslicher Immunkomplex mit dem Enzym vorliegt, das wiederum histochemisch sichtbar gemacht wird.
Die Sensitivität der letzten Methode ist dabei am höchsten.
Äquivalentbild
Jedes Gewebepräparat ist nicht mit seinem Zustand in der lebenden Zelle identisch. Nur im vitalen Organismus befindet sich das Gewebe im natürlichen Zustand.
Die Anfertigung von Präparaten stellt damit immer eine Situation dar, welche künstlich erschaffen wird. Das erlaubt dennoch in hinreichendem Maße die Beurteilung des herrschenden Zustandes im lebenden Menschen (pathologische Präparate von vitalem Gewebe) oder im Zustand, als der Mensch noch lebte (anatomische bzw. pathologische oder rechtsmedizinische Präparationen vom Verstorbenen).
Die Darstellung der Situation im lebenden Organismus, welche Rückschlüsse auf den Gewebezustand erlauben, wird als Äquivalentbild bezeichnet. Dabei gilt, dass ein Äquivalentbild bei gleicher Methode im Umgang mit einer Probe reproduzierbar sind.
Artefakte
Artefakte sind alle Formen von nicht-reproduzierbaren Veränderungen, die ihre Ursache in der fehlerhaften Präparation einer Probe haben. Sie erlauben somit keinen Rückschluss auf den lebenden Zustand.
Zu den üblichen Artefakten zählen mechanische Schädigungen des Gewebes während der Gewinnung der Probe, autolytische Veränderungen infolge verspäteter Fixierung sowie Schrumpfung oder Quellung durch falsche Verhältnisse der Ionen in einer Fixierlösung. Auch Risse und Falten im Schnitt selbst sowie Niederschläge des Farbstoffs zählen zu den Artefakten.
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Kim Bengochea, Regis University, Denver