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Lernen und Gedächtnis

Lernziele

Nach Abschluss dieser Lerneinheit kannst du:

  1. Die Hirnstrukturen benennen, die für das Lernen und Gedächtnis verantwortlich sind.
  2. Die verschiedenen Gedächtnissysteme vergleichen.
  3. Die Rolle der Langzeitpotenzierung (LTP) bei der Gedächtniskonsolidierung erklären.

Begriffe vertiefen

Unsere Erinnerungen prägen uns. Immer wenn wir auf neue Informationen stoßen, sei es, dass wir etwas Interessantes erfahren oder eine neue Sportart ausprobieren, lernen wir dazu. Informationen, die bedeutsam sind oder mit starken Emotionen verknüpft werden, können durch einen Vorgang namens Konsolidierung ins Gedächtnis überführt werden. Je nachdem, wie lange Informationen gespeichert werden und um welche Art von Informationen es sich handelt, unterscheidet man verschiedene Gedächtnissysteme. Auch die beteiligten Gehirnstrukturen variieren je nach Art der Erinnerung.

Je nach Speicherdauer wird das Gedächtnis in folgende Gedächtnissysteme eingeteilt:

  • Sensorisches Gedächtnis: Speicherdauer beträgt nur wenige Sekunden (= Ultrakurzzeitgedächtnis)
  • Kurzzeitgedächtnis: Speicherdauer beträgt Sekunden bis wenige Minuten (= primäres Gedächtnis)
  • Langzeitgedächtnis: Speicherdauer beträgt Monate (= sekundäres Gedächtnis) bis hin zu einem ganzen Leben (= tertiäres Gedächtnis)

Das Arbeitsgedächtnis im präfrontalen Kortex greift auf Informationen des Kurzzeitgedächtnisses zurück und ermöglicht alltägliche Tätigkeiten wie das Führen von Gesprächen, das Wiederfinden eines verlegten Gegenstandes oder das Überqueren einer Straße.

Je nach Art der enthaltenen Informationen lässt sich das Langzeitgedächtnis unterteilen in:

  • Explizites (deklaratives) Gedächtnis: Hier werden Fakten und Ereignisse, an die man sich bewusst erinnern kann, abgespeichert. Diese Erinnerungen werden im Hippocampus und im medialen Temporallappen konsolidiert und in den sensorischen Arealen des Assoziationskortex gespeichert, wo die ursprüngliche Wahrnehmung verarbeitet wurde. Die Amygdala ist besonders an Erinnerungen mit starkem emotionalem Gehalt beteiligt. Für die Wiedergewinnung deklarativer Erinnerungen spielen vor allem der Hippocampus und der präfrontale Kortex eine Rolle.
  • Implizites (nicht-deklaratives) Gedächtnis: Dieser Teil des Gedächtnisses umfasst Fertigkeiten, Gewohnheiten und Handlungsabläufe, die überwiegend unbewusst ablaufen. Dazu gehören beispielsweise motorische Abläufe. Die wichtigsten beteiligten Strukturen sind die Basalganglien, das Kleinhirn (Cerebellum), der motorische Kortex und ebenfalls die Amygdala.

Die Konsolidierung von Erinnerungen erfolgt durch die Stärkung der Verbindungen zwischen den Neuronen, ein Prozess, der als Langzeitpotenzierung („long-term potentiation”, LTP) bezeichnet wird. Dabei setzt das präsynaptische Neuron Glutamat frei, das an AMPA-Rezeptoren des postsynaptischen Neurons bindet. Der dadurch ausgelöste Einstrom von Natriumionen (Na+) depolarisiert die Zelle und erleichtert den Einstrom von Calciumionen (Ca2+) durch NMDA-Rezeptorkanäle. Die erhöhte intrazelluläre Calciumkonzentration steigert die Menge an freigesetztem Glutamat im präsynaptischen Neuron und verstärkt den Ionenfluss im postsynaptischen Neuron. Auf diese Weise entsteht eine dauerhafte Verstärkung der synaptischen Verbindung, sodass neuronale Bahnen im Gehirn gebildet werden, die das Speichern und Abrufen von Erinnerungen ermöglichen.

Hirnstrukturen des Gedächtnisses

Verschiedene Hirnstrukturen sind an der Bildung, Speicherung und am Abruf von deklarativen und nicht-deklarativen Gedächtnisinhalten beteiligt.

Langzeitpotenzierung

Die Konsolidierung deklarativer Gedächtnisinhalte lässt sich auch auf molekularer und zellulärer Ebene beschreiben. Dabei werden die synaptischen Verbindungen der Neurone im Hippocampus durch Langzeitpotenzierung (LTP) verstärkt. Dieser Mechanismus wurde insbesondere an den Synapsen der Pyramidenzellen des Hippocampus untersucht, genauer gesagt an den Axonen der CA3-Neurone, die in die CA1-Region projizieren. Mitunter wird diese Verbindung auch als Schaffer-Kollaterale bezeichnet, wobei diese Bezeichnung vor allem in der englischsprachigen Literatur gebräuchlich ist.

Langzeitdepression

Diesem Mechanismus steht die Langzeitdepression (LTD) gegenüber. Dabei handelt es sich um eine anhaltende Abschwächung der synaptischen Übertragung. Sie tritt insbesondere dann auf, wenn die präsynaptischen Eingänge reduziert sind. Auch hier spielen Calciumionen und Glutamatrezeptoren eine Rolle. Der entscheidende Unterschied zur LTP besteht jedoch darin, dass postsynaptisch metabotrope Glutamatrezeptoren aktiviert werden müssen, um eine LTD auszulösen.

Gedächtnisstörungen

Störungen der Lernfähigkeit und der Gedächtnisbildung können durch Erkrankungen (z. B. Schlaganfall, Hirntumor) oder Verletzungen (z. B. Schädel-Hirn-Trauma) verursacht werden. Auch Intoxikationen, etwa durch chronischen Alkoholkonsum können diese Funktionen beeinträchtigen. Die häufigste Störung ist die Amnesie, die in eine anterograde und retrograde Form unterteilt wird. Bei der anterograden Amnesie sind beide Hemisphären beeinträchtigt und die Erinnerung an all das, was nach einem schädigenden Ereignis (z. B einem Unfall) auftritt, ist beeinträchtigt. Im Gegensatz dazu sind bei der retrograden Amnesie typischerweise die Gedächtnisinhalte kurz vor dem Ereignis betroffen.

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Zusammenfassung

Kurzfakten zu Lernen und Gedächtnis
Definition Lernen: Erwerb neuer Informationen
Gedächtnis
: Speicherung und Abruf gelernter Informationen
Konsolidierung
: Überführung gelernter Informationen in das Langzeitgedächtnis
Gedächtnissysteme Sensorisches Gedächtnis (bis zu wenigen Sekunden)
Kurzzeitgedächtnis
(bis zu einigen Minuten) oder Langzeitgedächtnis (bis zu einem Leben lang), explizites Gedächtnis (Fakten oder Ereignisse) oder implizites Gedächtnis (Fähigkeiten und Abläufe)
Beteiligte Gehirnstrukturen Explizites (deklaratives) Gedächtnis: Hippocampus und medialer Temporallappen (Konsolidierung), sensorische Areal des Assoziationskortex (Speicherung), Hippocampus und präfrontaler Kortex (Abruf), Amygdala (Erinnerungen mit starken Emotionen)
Implizites (nicht-deklaratives) Gedächtnis
: Basalganglien, Kleinhirn, motorischer Kortex (motorische Erinnerungen), Amygdala (emotionale Erinnerungen)
Langzeitpotenzierung (LTP) Das präsynaptische Neuron setzt Glutamat frei > Na⁺-Ionen gelangen über AMPA-Rezeptorkanäle in das postsynaptische Neuron > Depolarisation der Membran > Entfernung des blockierenden Mg²⁺-Ions aus den NMDA-Rezeptorkanälen > Ca²⁺-Ionen strömen ein und aktivieren sekundäre Botenstoffe > die synaptische Verbindung wird dauerhaft verstärkt (vermehrten Einbau und gesteigerte Leitfähigkeit von AMPA-Rezeptoren, erhöhte Glutamatfreisetzung im präsynaptischen Neuron)

Langzeitdepression (LTD)

Mechanismus zur Abschwächung der synaptischen Übertragungsstärke, bei dem metabotrope Glutamatrezeptoren postsynaptisch aktiviert werden

Störungen

Ursachen: Erkrankungen, Schädel-Hirn-Trauma, Intoxikationen
Erinnerung vor einem schädigenden Ereignis (retrograd) oder nach einem schädigenden Ereignis (anterograd) können beeinträchtigt sein.

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