Geschmackssinn
Lernziele
Nach dieser Lerneinheit:
- Kannst du erklären, wie im Speichel gelöste Substanzen die Geschmacksrezeptoren aktivieren.
- Kannst du beschreiben, wie die Nervenimpulse von den Geschmacksrezeptoren zu verschiedenen Teilen des Gehirns geleitet werden.
- Kennst du die fünf primären Geschmacksqualitäten und die dazugehörigen Übertragungsmechanismen.
Begriffe vertiefen
Geschmacksempfindungen entstehen durch die Verarbeitung mehrerer Sinneseindrücke, darunter der eigentliche Geschmack, aber auch Geruch, somatosensorische Empfindungen (Textur, Temperatur) und die visuelle Wahrnehmung spielen dabei eine wichtige Rolle. Es gibt fünf grundlegende Geschmacksempfindungen: bitter, süß, sauer, salzig und umami.
Wenn sich Nahrung in der Mundhöhle im Speichel auflöst, interagieren die darin enthaltenen Geschmacksstoffe mit spezialisierten Geschmackszellen, die sich in den Geschmacksknospen befinden. Die Geschmacksknospen liegen eingebettet in den Papillen auf der Zungenoberfläche. Etwa die Hälfte der Geschmacksknospen befindet sich in den Wallpapillen (Papillae vallatae) im hinteren Bereich der Zunge, während die Blattpapillen (Papillae foliatae) und die Pilzpapillen (Papillae fungiformes) auf den vorderen zwei Dritteln der Zunge weniger Geschmacksknospen enthalten.
In jeder Geschmacksknospe kommen fünf verschiedene Zelltypen vor:
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Typ-I-Zellen (Stützzellen): Haben eine gliaähnliche Stützfunktion und sind möglicherweise an der Weiterleitung von salzigem Geschmack beteiligt.
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Typ-II-Zellen (Rezeptorzellen): Leiten den Geschmack von bitter, süß und umami weiter.
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Typ-III-Zellen (präsynaptische Zellen): Enthalten Rezeptoren für saure Geschmacksstoffe und bilden Synapsen mit afferenten Fasern, an denen Serotonin freigesetzt wird.
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Typ-IV-Zellen (basale Stammzellen): Aus ihnen werden die anderen Zelltypen regeneriert.
- Typ-V-Zellen (Marginalzellen): Verbinden die Geschmacksknospe mit dem umgebenden Epithel.
Wenn sich Speichel an der Spitze der Geschmacksknospe in der Geschmackspore sammelt, interagieren die Mikrovilli der Geschmackszellen mit den im Speichel gelösten Geschmacksstoffen, wodurch die gustatorische Transduktion ausgelöst wird. Die Signaltransduktion für salzig und sauer ist ionotrop, d.h. es kommt zur Aktivierung von Ionenkanälen und Veränderungen der Konzentration von Na+-Ionen (salzig) und H+-Ionen (sauer). Im Gegensatz dazu ist die Transduktion für süß, bitter und umami metabotrop, d.h. G-Protein-gekoppelte Rezeptoren aktivieren intrazelluläre Signalwege.
Beide Wege führen zu einer Depolarisation der Geschmackszellen, die kein ableitendes Axon besitzen (sekundäre Sinneszellen), sondern durch afferente Nervenfasern von drei Hirnnerven (N. facialis, N. glossopharyngeus, N. vagus) synaptisch versorgt werden.
Die gustatorischen afferenten Fasern ziehen dann im Tractus solitarius zum Nucleus tractus solitarii in der Medulla oblongata. Von dort verläuft die Geschmacksbahn über den Thalamus (Nucleus ventralis posteromedialis) zum primären Projektionsfeldfeld im unteren Gyrus postcentralis und erstreckt sich über das Operculum bis zur Insel (gustatorischer Kortex). Höhere Geschmacksareale befinden sich im orbitofrontalen Kortex, wo die Integration mit andere sensorischen Modalitäten für einen Gesamteindruck des wahrgenommenen Geschmacks sorgt. Zusätzlich modulieren der Hypothalamus und die Amygdala die emotionale und motivationalen Aspekte der gustatorischen Perzeption
Geschmackspapillen
Die Signaltransduktion des Geschmacks beginnt in den Zungenpapillen der Mundhöhle. Die nachstehenden Abbildungen geben dir einen Überblick über die verschiedenen Geschmackspapillen.
Geschmacksknospen
Die Geschmacksknospen sind der Ort, an dem chemische Reize in elektrische Signale umgewandelt werden. An diesem Prozess sind verschiedene Arten von Zellen beteiligt.
Signaltransduktion
Die fünf Geschmacksqualitäten werden über spezialisierte Mechanismen vermittelt. Die folgende Bildergalerie veranschaulicht die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Geschmacksbahn
Geschmackssignale aus der Mundhöhle werden über einen spezifischen afferenten Signalweg an das Gehirn weitergeleitet.
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Mit dem folgenden Quiz kannst du dein Wissen zum Geschmackssinn testen!
Zusammenfassung
Geschmacksempfinden | Kombination aus gustatorischen (Geschmack), olfaktorischen (Geruch), somatosensorischen (Textur, Temperatur, Schmerz) und visuellen Eindrücken. |
Zungenpapillen |
Papillae vallatae (Wallpapillen): Hinteres Drittel der Zunge, höchste Anzahl an Geschmacksknospen Papillae foliatae (Blattpapillen): Seiten der Zunge, mäßige Anzahl an Geschmacksknospen Papillae fungiformes (Pilzpapillen): Vordere zwei Drittel der Zunge, mäßige Anzahl an Geschmacksknospen Papillae filiformes (Fadenpapillen): Enthalten keine Geschmacksknospen, mechanische Funktion |
Geschmacksknospen |
Gruppen von bis zu 150 gustatorischen Epithelzellen. Geschmackspore an der Spitze sammelt den Speichel. Afferente Nervenfasern treten durch die Basallamina ein. |
Signaltransduktion |
1) Die Geschmacksstoffe in der Geschmackspore interagieren mit den Mikrovilli einer gustatorischen Epithelzelle. 2) Die Geschmacksstoffe binden an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor (bitter, süß, umami) oder verändern die intrazelluläre Ionenkonzentration (sauer, salzig). 3) Die Zelle wird depolarisiert und setzt Neurotransmitter frei. 4) Die Neurotransmitter stimulieren die gustatorischen afferenten Fasern. |
Geschmackssinneszellen |
Typ-I-Zellen (Stützzellen): Gliaähnliche Funktion, möglicherweise an der Erkennung von Salzen beteiligt. Typ-II-Zellen (Rezeptorzellen): Leiten bittere, süße und umami Geschmackssignale weiter. Typ-III-Zellen (präsynaptische Zellen): Übertragen sauren Geschmack. Typ-IV-Zellen (basale Stammzellen): Unreife Zellen, aus denen die anderen Zelltypen regeneriert werden. Typ-V-Zellen (Marginalzellen): Verbinden die Geschmacksknospe mit dem umliegenden Epithel. |
Geschmacksstoffe |
Bitter: Alkaloide (z. B. in Kaffee, Tee, Wein) Süß: Zucker (Glukose, Saccharose) Umami: Glutamat und andere Aminosäuren Sauer: Organische Säuren (H⁺-Ionen) Salzig: Salze (Na⁺-Ionen) |
Zellarten |
Bitter: Typ-II-Zellen (Rezeptoren der T2R-Familie) Süß: Typ-II-Zellen (T1R2+T1R3-Heterodimer) Umami: Typ-II-Zellen (T1R1+T1R3-Heterodimer) Sauer: Typ-III-Zellen Salzig: Unklar; möglicherweise Typ-I-Zellen |
Synapsen und Neurotransmitter |
Typ-I-Zellen: Unbekannt Typ-II-Zellen: Keine direkten Synapsen; ATP, Acetylcholin (ACh); Neurotransmitter werden in den extrazellulären Raum freigesetzt Typ-III-Zellen: Direkte chemische Synapsen; Serotonin (5-HT), GABA; klassische Freisetzung aus Vesikeln |
Hirnnerven |
N. glossopharyngeus (HN IX): Geschmack und Somatosensorik aus dem hinteren Drittel der Zunge N. facialis (HN VII): Geschmack aus den vorderen zwei Dritteln der Zunge N. vagus (HN X): Geschmack aus der Epiglottis, dem weichen Gaumen und dem oberen Ösophagus N. trigeminus (HN V): Somatosensorik (z. B. Berührung, Temperatur, Schärfe) aus den vorderen zwei Dritteln der Zunge und dem Gaumen |
Geschmacksbahn | Gustatorische Afferenzen → N. facialis (VII), N. glossopharyngeus (IX), N. vagus (X) → Nucleus tractus solitarii (rostraler Teil, Medulla oblongata) → Thalamus (ventral-posteromedialer Kern, VPM) → Primärer gustatorischer Kortex (rostraler Insellappen, frontales Operculum) |
Weitere beteiligte Strukturen |
Amygdala und Hypothalamus: Gedächtnisbildung, Regulierung von Hunger und Sättigungsgefühlen Somatosensorischer Kortex: Verarbeitung von Textur und Temperatur Orbitofrontaler Kortex: Integration von Geschmack, Geruch, somatosensorischen Reizen und visuellen Eindrücken zur Gesamtempfindung des Geschmacks |
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