Tonsillen - Histologie
Die Tonsillen (Mandeln) sind epitheliale Organe des Immunsystems, welche, genau wie Milz und Lymphknoten, zu den sekundären lymphatischen Organen zählen. Sie sind Bestandteil des MALT (mukosassoziiertes lymphatisches Gewebe). Makroskopisch werden die Tonsillen zum Waldeyer-Rachenring gezählt.
Aufbau
Der Aufbau der Tonsillen entspricht dem Grundgerüst der sekundären lymphatischen Organe. Es findet sich eine Mikrostruktur aus retikulärem Bindegewebe, bestehend aus fibroblastischen Retikulumzellen (nicht Retikulozyten) und retikulären Fasern.
Unterhalb der Basalmembran finden sich Lymphfollikel mit einem hellen Keimzentrum und einem Lymphozytenmantel, die B-Zone. Außerdem liegt dort eine T-Zone mit hochendothelialen Venolen.
Makroskopisch und histologisch können Tonsilla palatina, Tonsilla lingualis und Tonsilla pharyngealis unterschieden werden. Den ersten beiden ist gemeinsam, dass einzelne Abschnitte der Basallamina unterbrochen sind und Immunzellen aus den Lymphfollikeln ins Epithel einwandern, was als Diapedese bezeichnet wird.
Tonsilla palatina
Die Tonsilla palatina (Gaumenmandel) besitzt ein mehrschichtiges unverhornendes Plattenepithel, das einer Basalmembran aufsitzt. Auf letztere folgen dicht an das Epithel drängende Lymphfollikel, die in lymphoretikuläres Bindegewebe eingelagert sind.
Darauf folgt eine bindegewebige Kapsel, an die sich lockeres kollagenes Bindegewebe anschließt. In dieser Schicht liegen vereinzelt muköse Tubuli. Sie entspricht weitgehend der Lamina propria anderer muköser Organe.
Das Epithel zeigt tiefe Krypten, die Fossulae tonsillares.
Tonsilla lingualis
Die Tonsilla lingualis (Zungenmandel) ähnelt in ihrem Aufbau prinzipiell der Tonsilla palatina. Jedoch besitzt sie zum einen nur wenige, flache Krypten, zum anderen handelt es sich in der Lamina propria nicht um vereinzelt angeordnete Drüsenpakete, sondern dicht gepackte, große, zusammenhängende Drüsenfelder.
Tonsilla pharyngealis
Die Tonsilla pharyngealis (Rachenmandel) entspricht in ihrem Aufbau im Wesentlichen der Tonsilla palatina, jedoch handelt es sich bei der Epithelauskleidung um respiratorisches Epithel. Sie kommt vor allem bei Kindern vor. Beim Erwachsenen ist die gesamte Tonsille oft stark hypotrophiert.
Histologische Differentialdiagnose
Verwechslungsgefahr besteht zwischen den Tonsillen sowie mit Thymus, Milz und Lymphknoten.
Der Thymus zeigt große Ähnlichkeit mit den Tonsillen, besitzt jedoch auf Grund seiner Eigenschaft als primäres lymphatisches Organ keine Lymphfollikel. Milz und Lymphknoten können ebenso mit Tonsillen verwechselt werden, besitzen aber keine Krypten.
Die Unterscheidung von Tonsilla palatina und Tonsilla lingualis gelingt anhand der Breite der Lamina propria und der Menge an Drüsen in dieser Schicht. In der Tonsilla lingualis sind die Drüsenpakete dichter und die Schicht breiter angelegt.
Präparate der Tonsilla pharyngealis werden in der Regel von den anatomischen Instituten nicht verwendet, sie ließe sich aber durch das respiratorische Epithel ohne Krypten identifizieren.
Klinik
Wegen ihrer exponierten Lage sind die Tonsillen häufig Angriffsort für Viren und Bakterien, sodass es gehäuft zu Entzündungen der Tonsillen (Tonsillitis) kommen kann. Sie äußern sich durch Schmerzen, Schwellung und Rötung.
Häufig bedarf es keiner besonderen Behandlung, in speziellen Fällen kommen Antibiotika zur Anwendung.
Treten mehr als etwa 6 Tonsillitiden pro Jahr im Erwachsenenalter auf, ist deren operative Entfernung in Betracht zu ziehen. Die Indikation zur Tonsillektomie wird sehr vorsichtig gestellt, da die Operation mit einem überaus hohen Blutungsrisiko verbunden ist.