Milz (Splen)
Die Milz (Splen, Lien) ist ein unpaares Organ und entspricht beim Erwachsenen einer in das Blutgefäßsystem zwischengeschalteten Filterstation.
Sie liegt intraperitoneal im linken Oberbauch und besteht aus zwei bereits makroskopisch unterscheidbaren Anteilen, der roten und weißen Pulpa. Die weiße Pulpa ist Teil des lymphatischen Systems, während in der roten Pulpa alte oder veränderte Erythrozyten abgebaut werden.
Obwohl sie überflüssig erscheinen mag, da man auch ohne sie überleben kann, ist die Milz dennoch ein wichtiges Organ, das ständig unser Blut filtert und Mikroorganismen detektieren kann. In einer Notfallsituation dient die Milz außerdem als großes Blutreservoir, welches bei Bedarf zusätzliches Blutvolumen in den Kreislauf zurückpumpen kann.
Lage | Regio hypochondriaca sinistra (linker oberer Quadrant) |
Gefäß-Nerven-Versorgung |
Arterie: Arteria splenica/linealis Vene: Vena splenica/lienalis Lymphknoten: Nodi lymphoidei coeliaci Innervation: Plexus coeliacus |
Histologie | Capsula Trabeculae Weiße Pulpa Rote Pulpa |
Funktion | Immunfunktion Vermehrung und Reifung von Lymphozyten Abbau von alten und defekten Erythrozyten |
- Aufbau
- Projektion und Topographie
- Versorgung
- Embryologie
- Histologie
- Physiologie
- Klinik
- Literaturquellen
Aufbau
Die Form der Milz ähnelt einer Kaffeebohne. Sie ist etwa 7 cm breit, 4 cm hoch und 11 cm lang und blutleer etwa 160g schwer. Die Maße kannst du dir mit dem Merkspruch “4711 Kölnisch Wasser” merken.
Die Milz ist von einer dünnen Kapsel umgeben. Von dieser aus ziehen starke Bindegewebsstränge ins Innere des Organs. Dazwischen liegt ein von Fibroblasten gebildetes Grundgerüst aus retikulären Fasern.
Das weiche Parenchym gliedert sich bereits makroskopisch erkennbar in eine weiße und rote Pulpa.
Der größte Teil des Parenchyms besteht aus der roten Pulpa (circa 75%). Sie erscheint aufgrund der hohen Anzahl an Erythrozyten, die in und zwischen den venösen Gefäßen liegen, dunkelrot.
Bei einem Schnitt durch die Milz bildet die weiße Pulpa die Gesamtheit aller gleichmäßig in der roten Pulpa verteilten ca. 1mm großen, hellgrauen Pünktchen. Die weiße Pulpa macht somit nur etwa 25% des Gesamtvolumens der Milz aus. Sie enthält Lymphozyten und ist damit Teil des lymphatischen Systems.
Projektion und Topographie
Die Milz liegt intraperitoneal im linken Oberbauch in der sogenannten Milznische. Ihre Lage ist dabei stark von ihrem eigenen Füllungszustand, sowie dem der umgebenden Organe und der Atemlage abhängig.
Durch ihre jeweilige Krümmung lassen sich die Seiten der Milz voneinander unterscheiden. Die konvexe Seite der Milz (Facies diaphragmatica) liegt dem Zwerchfell an, ihre konkave Seite (Facies visceralis) ist den Baucheingeweiden zugewandt. An letzterer befindet sich der Ein- und Austrittsort für Nerven und Gefäße, das Hilum splenicum. Das Hilum ist der einzige Teil der Milz, der nicht von Peritoneum überzogen ist.
Vom Hilum aus ziehen jeweils eine vordere und eine hintere Peritonealfalte zum Magen (Ligamentum gastrosplenicum, Ligamentum gastrolienale) beziehungsweise zum Zwerchfell (Lig. phrenicosplenicum, Lig. splenorenale, Lig. lienorenale).
Die beiden Seiten der Milz sind durch den scharfen oberen und den eher stumpfen unteren Rand (Margo superior und inferior) voneinander getrennt. Mit ihrem hinteren Pol (Extremitas posterior) ragt die Milz Richtung Wirbelsäule, ihr vorderer Pol (Extremitas anterior) wird von dem zwischen Zwerchfell und linker Kolonflexur verlaufenden Lig. phrenicocolicum gestützt. Dieses Band bildet damit den Boden der Milznische.
Die Längsachse der Milz verläuft parallel zur 10. Rippe. Ihr Vorderrand reicht bis zur linken mittleren Axillarlinie. Eine gesunde Milz ragt nicht unter dem Rippenbogen hervor und ist daher bei der körperlichen Untersuchung nicht zu tasten. Wenn die Milz tastbar ist, deutet dies auf eine krankhafte Vergrößerung (Splenomegalie) hin. Die Ursachen hierfür sind sehr vielfältig, z.B. Infektionen, Stoffwechselerkrankungen oder Tumore.
Bei etwa 20% der Menschen liegt eine (oder sogar mehrere) sogenannte Nebenmilz vor, oftmals in direkter Nähe der Hauptmilz.
Das Anatomie-Lernen klappt noch nicht so richtig? Hier erklären wir dir, wie du auch komplexere Themen wie hier die Milz ganzheitlich lernen kannst!
Versorgung
Die Milz ist ein stark durchblutetes Organ. Obwohl sie nur etwa 0,3% des Körpergewichts ausmacht, erhält sie 3-5% des Herzzeitvolumens. Arterielles Blut erreicht die Milz über die A. splenica (auch A. lienalis), dem stärksten der drei Hauptäste des Truncus coeliacus. Diese Arterie verläuft am Oberrand des Pankreas und ist stark geschlängelt, wodurch eine Lage- und Volumenänderung der Milz ermöglicht wird.
Von den am Hilum eintretenden großen Ästen der A. splenica entspringen die sogenannten Trabekelarterien, die zusammen mit den Trabekelvenen in den von der Kapsel ausstrahlenden Bindegewebssträngen verlaufen. Kleinere Arterien wiederum verlassen die Trabekelarterien und damit die Bingewebsstänge und ziehen als Zentralarterien in die weiße Pulpa.
Radiäre Äste der Zentralarterien ziehen dann als Pinselarterien durch das lymphatische Gewebe zur roten Pulpa, wo sie möglicherweise offen enden oder direkt mit Sinusoiden verbunden sind. Nach Erreichen der weitlumigen venösen Sinusoide fließt das venöse Blut entweder über dazwischen geschaltete Pulpavenen oder direkt über die Trabekelvenen, welche ebenfalls in den Bindegewebssträngen liegen, in die V. splenica ab. Diese vereinigt sich mit der V. mesenterica superior zur V. portae.
Der Lymphabfluss der Milz erfolgt über die am Hilum anliegenden Nll. splenici.
Sympathische und auch einige parasympathische Fasern aus dem Ganglion coeliacum erreichen die Milz über mit der A. splenica verlaufende Rr. splenici.
Embryologie
Die Milz entwickelt sich ab der 5. Embryonalwoche aus einer Mesenchymverdichtung zwischen den beiden Blättern des Mesogastrium dorsale. Bei der Magendrehung wird sie dann in den linken Oberbauch verschoben.
Die Milzanlage ist während der Entstehung zunächst nicht durchblutet. Die Vaskularisierung beginnt in der 6. Embryonalwoche und differenziert bis zum 5. Monat aus.
Ab der 10. Woche entstehen in der Milz Blutbildungsherde, die sich nach dem 5. Monat zurückbilden. Die Milz ist in dieser Phase also an der Blutbildung beteiligt. Postnatal weist die Erhaltung dieser Funktion allerdings auf ein hämatoonkologisches Krankheitsbild hin.
Bei etwa 70% der Neugeborenen tritt eine sogenannte spodogene Milzschwellung auf, die mit dem Rückgang der fetalen Erythropoese in Verbindung steht. Die Milz von Neugeborenen ist den blutbildenden Prozessen geschuldet deutlich stärker von Furchen durchzogen als die von Erwachsenen. Bleibt diese Furchung bestehen, spricht man von einer Lien lobatus.
Histologie
In der Histologie der Milz wird zwischen der roten und der weißen Pulpa unterschieden.
Die weiße Pulpa setzt sich aus drei Anteilen zusammen:
- periarteriellen Lymphozytenscheide (PALS)
- Lymphfollikeln
- Marginalzone
Die PALS enthält überwiegend T-Lymphozyten, die vergleichbar mit einer Manschette um die Zentralarterien herum angeordnet sind. Daher wird dieser Bereich auch T-Zone genannt. Es finden sich außerdem antigenpräsentierende interdigitierende dendritische Zellen (IDZ). Der Begriff Zentralarterien orientiert sich damit nicht an den Lymphfollikeln, sondern an der PALS.
Die Lymphfollikel und die Marginalzone werden als B-Zone bezeichnet. Die Marginalzone lagert sich dabei um die Follikel herum, welche nach Antigenexposition ein Keimzentrum ausbilden. Während die Lymphfollikel vor allem B-Lymphozyten und follikuläre dendritische Zellen aufweisen, kommen in der Marginalzone neben den B-Lymphozyten auch T-Lymphozyten vor.
Anders als in anderen lymphatischen Organen besitzt die Milz keine hochendothelialen Venolen (HEV).
Die rote Pulpa besteht aus Pulpasträngen, zwischen denen venöse Sinusoide liegen. Sinusoide sind weitlumige Gefäße, deren Endothelzellen durch echte Schlitze getrennt sind. Sie weisen eine unvollständige Basalmembran und ein diskontinuierliches Endothel auf.
Die Pulpastränge sind aus einem engmaschigen Netz aus Retikulumzellen und retikulären Fasern aufgebaut. Dazwischen finden sich Plasmazellen und Makrophagen.
In den Maschen des Netzes befinden sich zahlreiche freie Blutzellen, die mit dem durch Druckgradienten stetig erzeugten Flüssigkeitsstrom in die Sinusoide mitgeschwemmt werden sollen. Die Blutzellen können die engen Endothelschlitze jedoch nur passieren, wenn sie ausreichend vital und daher verformbar sind. Gelingt dies nicht, werden sie von den Makrophagen phagozytiert. Dieser Vorgang wird als Blutmauserung bezeichnet.
Physiologie
Die Funktionen der Milz sind vielfältig. Während in der roten Pulpa die Blutmauserung stattfindet, wobei Makrophagen alte oder beschädigte Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten abbauen, ist die weiße Pulpa der Milz durch Phagozytose zusätzlich an der unspezifischen Abwehr und an der Aktivierung von T- und B- Lymphozyten beteiligt.
Sie ist das größte sekundär lymphatische Organ des Körpers. Des Weiteren stellt sie ein Reservoir für Thrombozyten dar.
Vertiefe dein Wissen über die Milz mit folgendem Quiz:
Um dein Wissen über die Milz zu vertiefen, schaue dir folgende Lerneinheiten an:
Klinik
Die Milz ist kein lebensnotwendiges Organ. Die Leber und die anderen lymphatischen Organe können ihre Funktion größtenteils übernehmen.
Früher wurde sie daher bei einer Milzruptur (z.B. nach einem Bauchtrauma) großzügig entfernt. Da bei circa 2% der Patienten danach jedoch eine schwere Sepsis mit hoher Mortalitätsrate (50%) auftrat, wird heutzutage möglichst Milz-erhaltend operiert.
Nach kompletter Splenektomie oder bei einer angeborenen Asplenie besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe bei Infektionen mit bekapselten Bakterien, weshalb diese Patienten gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ b und Meningokokken geimpft werden sollten.
Du willst mehr über das Thema Milz (Splen) lernen?
Unsere Videotutorials, interaktiven Quizze, weiterführenden Artikel und ein HD Atlas lassen dich Prüfungen mit Bestnoten bestehen.
Womit lernst du am liebsten?
”Ich kann ernsthaft behaupten, dass Kenhub meine Lernzeit halbiert hat.”
–
Mehr lesen.
Kim Bengochea, Regis University, Denver