Extrapyramidalmotorisches System
Das extrapyramidale System ist ein Sammelbegriff für verschiedene afferente und efferente motorische Bahnen, die vor allem an der Stütz- und Haltemotorik beteiligt sind. Der Name "extrapyramidales System" gibt Hinweise darauf, dass sie nicht mit der Pyramidenbahn verlaufen.
Bestandteile und Bahnen
Die Nomenklatur bezüglich der Anteile ist nicht immer einheitlich. Am häufigsten wird unter dem extrapyramidalmotorischen System eine Gruppe von eisenhaltigen Kerngebieten verstanden:
- Striatum (= Putamen und Nucleus caudatus)
- Globus pallidus (= Pallidum)
- Nucleus subthalamicus
- Nucleus ruber
- Substantia nigra
Diese werden auch als striatäres System zusammengefasst.
Da die Nomenklatur bezüglich der Anteile nicht einheitlich ist, werden teilweise auch folgende Strukturen dazu gezählt:
- Kleinhirn
- Thalamuskerne
- Formatio reticularis
- Vestibulariskerne
Dementsprechend handelt es sich weder um ein geschlossenes System, noch um zusammenhängende Hirnareale. Der Begriff ist historisch entstanden, um den funktionellen Unterschied zur Pyramidenbahn zu betonen. Die Bestandteile des extrapyramidalmotorischen Systems sind weder embryologisch, noch histologisch miteinander verwandt. Das striatäre System besteht aus einem Teil der Basalganglien, welche motorische Neurone enthalten, während die weiteren Anteile sensible bzw. integrativ arbeitende Neurone darstellen, die keine motorischen Fasern besitzen.
Afferenzen und Efferenzen
Die Afferenzen des Systems entsprechen denen der einzelnen Kerngebiete. Als hauptsächliche Efferenz gilt der Tractus tegmentalis centralis (zentrale Haubenbahn). Desweiteren sind vier absteigende Bahnen von Bedeutung:
- Tractus reticulospinalis
- Tractus rubroreticulospinalis
- Tractus vestibulospinalis
- Fasciculus interstitiospinalis
Funktion
Das extrapyramidalmotorische System ist im Wesentlichen an der Stütz- und Haltemotorik, d.h. der unwillkürlichen Motorik beteiligt. Dies erklärt sich durch die Zugehörigkeit der Basalganglien, deren Ausfall vor allem zu einer Störung der unwillkürlichen Motorik führt. Jedoch sind alle beteiligten Systeme in geringem Maße auch an der Willkürmotorik beteiligt, der Nucleus ruber nimmt gar eine Sonderstellung ein, da er an allen Funktionen beteiligt ist.
Klinik
Antipsychotika mit Wirkung an D2-Rezeptoren (Dopaminantagonismus), können als Nebenwirkung extrapyramidal-motorische Störungen (EPS) hervorrufen. Je höherpotent das Antiphsychotikum, desto wahrscheinlicher und stärker tritt diese Nebenwirkung auf.
Es gibt verschiedene Symptomkomplexe, die zu bestimmten Zeitabschnitten nach Beginn der Therapie auftreten. Die frühe Dyskinesie tritt bereits nach etwa einer Woche auf und geht mit Zungen- und Schluck- und Blickkrämpfen einher. Die späte Dyskinesie tritt typischerweise erst nach Monaten bis Jahren auf und zeigt sich durch Kau- und Schmatz- sowie teilweise choreatischen Bewegungen. Von der ersten bis achten Woche können zusätzlich ein Parkinsonoid mit Rigor, Tremor und Akinese oder eine Sitzunruhe (Akanthisie) auftreten.
Durch die Anwendung von atypischen Antipsychotika, die eine weniger antagonistische Wirkung am D2-Rezeptor zeigen, können diese extrapyramidal-motorische Störungen minimiert werden.