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Herzmuskelgewebe

Videoempfehlung: Myokard [02:26]
In diesem kurzen Tutorial erfahrt ihr alles Wichtige zur Anatomie und Funktion des Myokards.

Bestimmte Strukturen im menschlichen Körper können leicht übersehen und als selbstverständlich hingenommen werden, weil sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Ein gutes Beispiel dafür sind unsere Muskeln.

Es ist sehr einfach, Skelettmuskelgewebe direkt in Aktion zu beobachten, insbesondere wenn man körperlich trainiert. Glattes Muskelgewebe und Herzmuskelgewebe sind dagegen, im Vergleich zu einem gut trainierten Bizeps oder Six-pack, nicht so offensichtlich zu erkennen. Dabei sind sie gleichermaßen wichtig!

In diesem Artikel wird zunächst die allgemeine Klassifikation von Muskelgewebe dargestellt. Danach werden speziell die Eigenschaften und die Bestandteile von Herzmuskelgewebe beschrieben und es wird kurz auf die Kontraktion des Herzmuskels eingegangen.

Kurzfakten
Histologischer Aufbau  Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen) 
Interkalierende Scheiben
Myofibrillen und Sarkomere 
Erregungsleitene Zellen, welche spezifische Strukturen bilden (Sinusknoten, AV-Knoten, His-Bündel, rechten und linken Tawara-Schenkel, Purkinje-Fasern) 
Funktion  Das Herzmuskelgewebe kann starke, kontinuierliche und rhythmische Kontraktionen ganz automatisch erzeugen
Seine spezialisierten Zellen bilden das Erregungsbildungs- und Leitungssystem des Herzens
Inhalt
  1. Muskelgewebe
  2. Eigenschaften
  3. Bestandteile
    1. Kardiomyozyten
    2. Interkalierende Scheiben
    3. Myofibrillen und Sarkomere
    4. Erregungsleitende Zellen des Herzens
  4. Kontraktion
  5. Klinik
    1. Herzinfarkt
    2. Herzhypertrophie
  6. Literaturquellen
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Muskelgewebe

Muskelgewebe ist eine der vier Grundgewebearten, aus denen sich der menschliche Körper zusammensetzt. Es besteht aus länglichen, parallel angeordneten Zellen, die sich zusammenziehen und Kraft erzeugen können. Durch diese einzigartige Fähigkeit ermöglicht das Muskelgewebe dem Körper, sich zusammen mit seinen Körperteilen und inneren Organen zu bewegen und ihre Formen ständig anzupassen.

Muskelgewebe wird danach eingeteilt, ob die Muskelzellen gestreift oder glatt sind und danach, wo sich der Muskel befindet.

Muskelgewebe
Quergestreifte Muskulatur - Skelettmuskulatur (haftet an Knochen)
- Viszeraler quergestreifter Muskel (befindet sich innerhalb bestimmter Organe)
- Herzmuskel (sitzt im Herzen)

Glatte Muskulatur - ist Teil von Organen, Blutgefäßen, Haarbalgmuskeln und den intrinsischen  Augenmuskeln

Eigenschaften

Das Gewebe des Herzmuskels wird auch als Myokard bezeichnet und ist eine strukturell und funktionell einzigartige Unterform von Muskelgewebe. Das Myokard ist in der Lage, starke, kontinuierliche und rhythmische Kontraktionen ganz automatisch zu erzeugen. Die Kontraktilität kann durch das vegetative Nervensystem und Hormone beeinflusst werden. Darüber hinaus hat dieser Gewebetyp einen hohen metabolischen, energetischen und vaskulären Bedarf.

Herzmuskelfasern sind lange, verzweigte Zellen, die zylinderförmig aussehen und deren Enden miteinander verbunden sind, wobei ein oder zwei Kerne zentral innerhalb der Zelle angeordnet sind. Die Fasern sind durch kollagenes Bindegewebe voneinander getrennt. Das Bindegewebe unterstützt und ernährt außerdem das Kapillarnetz des Herzgewebes.

Die Myofilamente des Herzmuskels sind in einem ähnlichen Muster wie die Skelettmuskeln angeordnet und sind ebenfalls quergestreift. Die Fasern werden von den interkalierenden Scheiben miteinander verbunden.

Diese Scheiben erfüllen zwei wichtige Aufgaben: Erstens stellen sie Ansatzpunkte dar, die dem Gewebe ein charakteristisches verzweigtes Muster verleihen und zweitens erlauben sie dem Herzmuskelgewebe als funktionelles Synzytium zu agieren.

Im Wesentlichen werden die kontraktilen Stimuli von einer Zelle zur nächsten weitergeleitet, was zu einer synchronen Kontraktion des gesamten Gewebeabschnitts führt.

Während sich die Mehrheit der Muskelzellen im Herzgewebe nur kontrahiert, gibt es bestimmte Zellen, die eine besondere Funktion haben. Sie werden als spezialisierte Zellen des Erregungsbildungs –und Leitungssystems bezeichnet und erzeugen und leiten automatisch die Kontraktionsimpulse weiter.

Bestandteile

Kardiomyozyten

Kardiomyozyten, auch bekannt als Herzmuskelzellen, enthalten üblicherweise einen länglichen Kern, der in der Mitte der Zelle liegt, was sie von Skelettmuskelzellen unterscheidet.

Bei der Untersuchung der Feinstruktur wird deutlich, dass sich die Myofibrillen in der Nähe des Kerns auftrennen und sich auf jeder Seite des Kerns in ihrem ursprünglichen Muster wieder zusammenlagern. Diese Anordnung kann man sich auch vorstellen wie zwei Kegel, die an ihrem Scheitelpunkt verbunden sind, der den Kern darstellt.

Tatsächlich sind auch Zellorganellen in der zytoplasmatischen Region um den Kern herum konzentriert. Dazu gehören Mitochondrien, Golgi-Apparat, mit Lipofuszin gefüllte Granula und Glykogen. Lipofuszin ist ein rot-braunes Pigment, das oft als Alterspigment bezeichnet wird und sich mit zunehmendem Alter allmählich im Herzgewebe ansammelt.

Das Zytoplasma der Kardiomyozyten wird Sarkoplasma genannt. Es ist eosinophil und erscheint als 3D-Netzwerk.
 
Aufgrund des hohen Energiebedarfs enthält das Herzmuskelgewebe zusätzlich große und längliche Mitochondrien, die sich zwischen den Myofibrillen befinden. Sie können die gesamte Länge des Sarkomers durchlaufen und enthalten viele Cristae.

Außerdem befinden sich zusätzliche Glykogengranulae zwischen den Myofibrillen, um als Energiespeicher zu dienen. Fäden kollagener Bindegewebsfasern zusammen mit Kapillaren liegen auch zwischen den Muskelfasern, um das Gewebe zu stützen und die Blutversorgung zu gewährleisten.

Interkalierende Scheiben

Herzmuskelzellen sind über interkalierende Scheiben miteinander verbunden, die mit den Z-Linien übereinstimmen. Sie erscheinen als Linien, die die Muskelfasern senkrecht kreuzen, wenn sie mit einem Lichtmikroskop untersucht werden.

Wenn man jedoch die Feinstruktur untersucht, sind die Scheiben nicht linear aufgebaut, sondern besitzen fingerförmige Ausstülpungen, die dazu dienen, die Kontaktfläche zu vergrößern. Die Scheiben enthalten außerdem zwei Kompartimente, die quer und seitlich (parallel) zu den Myofibrillen ausgerichtet sind und einer Treppe ähneln.

Um die Verankerung zwischen den Zellen gewährleisten zu können, enthalten interkalierende Scheiben drei Arten von Zellverbindungen:

  • Adhärenzverbindungen (Fascia adhaerens) sind Bestandteil der transversalen Komponente und sind diejenigen, die die interkalierenden Scheiben in der Hämatoxylin- und Eosin (H & E) -Färbung sichtbar machen. Sie sind dafür verantwortlich, die Enden der Myozyten zu einer ganzen Faser zu verbinden. Außerdem übertragen sie über die Aktinfilamente der terminalen Sarkomere die Kraft der Kontraktionen von einer Zelle zur nächsten.
  • Desmosomen (Maculae adherentes) sind Bestandteil beider Komponenten und verstärken die Adhärenzverbindungen. Durch die Verankerung von Intermediärfilamenten verhindern sie während des Kontraktionsvorgangs, dass sich die Myozyten voneinander lösen.
  • Gap Junctions (Nexus) sind Teil des lateralen Bereichs der interkalierenden Scheiben. Sie ermöglichen es dem Herzgewebe, als Synzytium zu fungieren. Indem verschiedene Ionen mittels Diffusion durch sie hindurch passieren, tragen die Gap Junctions maßgeblich zur Weiterleitung der Erregung bei und ermöglichen so die Muskelkontraktionen.

Myofibrillen und Sarkomere

Sarkomere stellen die funktionellen Untereinheiten der Myofibrillen dar und funktionieren als kontraktile Einheiten des Herzmuskelgewebes. Sie sind in einem verzweigten Muster angeordnet und bilden ein dreidimensionales-Netzwerk im Zytoplasma.

Sarkomere sind spezifische Abschnitte von Myofibrillen, die sich zwischen zwei Z-Linien befinden und dem Herzgewebe das charakteristische gestreifte Aussehen verleihen. Sie enthalten dicke und dünne Filamente. Die dicken Filamente bestehen aus dem polymerisiertem Myosin-Typ-II-Molekül und sind an eine Struktur gebunden, die M-Linie genannt wird und sich in der Mitte des Sarkomers befindet. Die dünnen Filamente bestehen aus Polymeren des Proteins Alpha-Aktin und sind an den Z-Linien befestigt.

Zusammen mit der Z-Linie und der M-Linie erstreckt sich die sogenannte A-Bande über die gesamte Länge des Sarkomers. Diese drei Strukturen sind elektronenreich und erscheinen in der Elektronenmikroskopie dunkler. Die I-Bande und H-Zone erscheinen heller und repräsentieren Bereiche, die jeweils entweder nur aus dünnen oder aus dicken Filamenten bestehen.

Die zytoplasmatischen Regionen zwischen den Sarkomerabschnitten sind mit Mitochondrien und dem glatten endoplasmatischen Retikulum (sER) gefüllt, das als sarkoplasmatisches Retikulum bezeichnet wird und jede Myofibrille umhüllt.

Das membranartige Netzwerk des sarkoplasmatischen Retikulums wird von Strukturen durchzogen, die T-Tubuli genannt werden und Erweiterungen des Sarkolemms (Plasmamembran von Muskelzellen) sind. Sie bilden das T-Tubulus-System und ihre Lumen kommunizieren direkt mit dem Extrazellulärraum. Ihr Verlauf folgt den Z-Linien der Sarkomere, was dazu führt, dass jedes Sarkomer einen eigenen T-Tubulus besitzt.

Die Region, die durch ein Paar aus flachen terminalen Zisternen des sarkoplasmatischen Retikulums und einen Teil eines T-Tubulus gebildet wird, wird Triade genannt.

Erregungsleitende Zellen des Herzens

Die Kontraktionen werden durch spezialisierte Zellen initiiert und im ganzen Herzen verbreitet. Zusammen gehören sie zum Erregungsbildungs- und Leitungssystems des Herzens. Diese Zellen bilden spezifische Strukturen wie Knoten, Bündel und leitende Fasern. Der initiale, spontane Reiz entspringt aus dem Sinusknoten, der sich in der Wand des rechten Vorhofs auf Höhe der Einmündungsstelle der oberen Hohlvene (V. cava superior) befindet.

Die Impulse wandern durch die Wände der Vorhöfe, was zu einer Kontraktion derselben führt. Danach werden die Impulse vom atrioventrikulären (AV-) Knoten oberhalb der Trikuspidalklappe in der medialen Wand des rechten Vorhofs aufgenommen und weitergeleitet. Diese beiden impulsgebenden Knoten sind von kollagenem Gewebe umgeben, das voller Kapillaren und autonomer Nerven ist.

Nachdem der AV-Knoten durchlaufen wurde, wandern die Impulse durch das His-Bündel, die rechten und linken Tawara-Schenkel und schließlich durch die Purkinje-Fasern. Die drei Bündel sehen aufgrund ihres hohen Gehalts an Glykogengranulat und Mitochondrien im Mikroskop sehr blass aus. Die Purkinje-Fasern enthalten ebenfalls einen zentralen Bereich, der sich blass gefärbt darstellt.

Die spezialisierten Zellen des Erregungsbildungs– und Leitungssystems sind ausschließlich über Desmosomen und Gap Junctions miteinander verbunden und besitzen keine T-Tubuli.

Erregungsbildungs- und Leitungssystem
Sinusknoten in der Wand des rechten Atriums auf Höhe der Einmündungsstelle der oberen Hohlvene
AV-Knoten oberhalb der Trikuspidalklappe in der medialen Wand des rechten Atriums
His-Bündel
etwa 1cm vom AV-Knotens in Richtung Herzspitze
Rechter und linker Tawara-Schenkel beide Schenkel verlaufen zunächst im Ventrikelseptum

Purkinje-Fasern subendokardial an der Innenseite des Ventrikels

Das Herz generiert die Impulse für die Muskelkontraktion also vollkommen selbstständig. Trotz ihrer Autonomie sind die erregungsbildenden Zellen jedoch nicht vom Nervensystem getrennt.

Der Sympathikus erhöht die Impulsfrequenz von Sinus- und AV-Knoten zum Leitungssystem, während der Parasympathikus sie verringert. Da im Normalfall auf jeden elektrischen Impuls eine Kontraktion folgt, wird die Herzfrequenz und Kontraktionsstärke durch das vegetative Nervensystem zusätzlich reguliert.

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Kontraktion

Der Kontraktionsmechanismus ist dem der Skelettmuskulatur sehr ähnlich. Im Grunde läuft die Depolarisation des Sarkoplasmas durch das System der T-Tubuli bis hin zum sarkoplasmatischen Retikulum. Spannungsgesteuerte Kanäle öffnen sich und Calciumionen strömen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum ins Zytoplasma.

Diese Ionen sorgen dafür, dass die Myosin- und Aktinfilamente ineinander greifen und anschließend ineinander gleiten, ohne sich dabei selbst zu verkürzen. Die Erregung und Kontraktion wird über interkalierende Scheiben und Zell-Zell-Verbindungen zu den benachbarten Myozyten weitergeleitet.

Trotz der starken Ähnlichkeiten zwischen Herz- und Skelettmuskelgewebe gibt es einige signifikante Unterschiede:

  • Die sarkoplasmatische Depolarisation hält im Herzgewebe länger an.
  • Calciumkanäle sind auch in den Wänden des T-Tubulus-Systems vorhanden und nicht streng auf das sarkoplasmatische Retikulum beschränkt.
  • Die freigesetzten Calciumionen wiederum binden an Calcium-sensitive Kanäle im sarkoplasmatischen Retikulum, was zu einer schnellen Freisetzung von vielen weiteren Calciumionen führt, die für die Kontraktion benötigt werden.

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Kim Bengochea Kim Bengochea, Regis University, Denver
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