Ovar (Eierstock)
Die Ovarien (Eierstöcke) sind intraperitoneal gelegene flach-ovale paarige Organe, die zum inneren Genitale der Frau zählen.
Ihre Aufgabe ist die Bereitstellung von Eizellen, die im Monatszyklus an die Eileiter weitergeleitet werden, sowie die Bildung verschiedener Sexualhormone.
Bänder | Lig. suspensorium ovarii - vom oberen Pol zur seitlichen Beckenwand Lig. ovarii proprium - vom unteren Pol zum Uterus Mesovarium - Teil des Lig. latum uteri |
Blutversorgung |
arteriell - A. ovarica, R. ovaricus (A. uterina) venös - Vv. ovaricae (links in V. renalis, rechts in V. cava inferior) |
Innervation | Plexus mesentericus superior, Plexus renalis, Plexus hypogastricus inferior |
Hormone |
Produktion - u.a. Östrogene, Progesteron Modulation - Luteinisierendes Hormon (LH), Follikelstimulierendes Hormon (FSH) |
Hauptfunktionen | Primäres Reproduktionsorgan der Frau Eizellreifung und Ovulation Synthese der Sexualhormone |
- Aufbau
- Topographie
- Versorgung
- Embryologie
- Histologie
- Funktion und Physiologie
- Klinik
- Literaturquellen
Aufbau
Das paarig angelegte Ovar hat bei der geschlechtsreifen Frau etwa eine Größe von 3,5 cm x 1,5 cm x 1 cm und wiegt etwa 10 g. Am Ovar werden eine Facies lateralis von einer Facies medialis sowie ein lateraler oberer Pol (Extremitas tubaria) von einem medialen unteren Pol unterschieden (Extremitas uterina). Am vorderen Rand (Margo mesovaricus) treten am Hilum ovarii die Gefäße und Nerven ein und aus. Zudem setzt hier das Mesovar an, über das es mit dem Ligamentum latum verbunden ist. Die Rückseite (Margo liber) liegt dagegen frei.
Das Aussehen der Ovarien ändert sich im Laufe des Lebens. Während das kindliche Ovar noch eine glatte Oberfläche aufweist, entstehen mit Beginn der Pubertät zunehmend buckelartige Vertiefungen. Postmenopausal ist das Organ deutlich verkleinert und von zahlreichen Gelbkörpernarben gezeichnet.
Topographie
Die Ovarien liegen intraperitoneal im kleinen Becken der Frau in der linken und rechten Fossa ovarica etwas kaudal der Aufteilung der Vasa iliaca. Sie sind kranial über das Lig. suspensorium ovarii mit der seitlichen Beckenwand und kaudal mit dem Lig. ovarii proprium mit dem Tubenwinkel des Uterus verbunden. Dorsal des Ovars verlaufen der Ureter und die Vasa iliaca externa, kaudal die A. umbilicalis und die A. obturatoria mit dem gleichnamigen Nerven. Durch die Nachbarschaft zum N. obturatorius kann es bei entzündlichen Erkrankungen der Ovarien zu Schmerzen kommen, die bis zur Innenfläche des Oberschenkels ausstrahlen.
Mit jeder Schwangerschaft wandern die Ovarien etwas weiter nach kaudal. Dabei werden sie zunehmend vom Dickdarm überlagert, insbesondere vom Colon sigmoideum links und Caecum rechts.
Versorgung
Arterien
Über das Ligamentum suspensorium ovarii erreicht die paarige A. ovarica das Ovar. Sie entspringt unterhalb des Abgangs der Nierenarterien aus der Bauchaorta und anastomosiert mit dem im Ligamentum ovarii proprium verlaufenden R. ovaricus aus der A. uterina. Gemeinsam bilden sie das Rete arteriosum ovarii.
Venen
Das venöse Blut fließt über die Vv. ovaricae ab. Die rechte V. ovarica mündet dabei in die V. cava inferior, die linke in die V. renalis. Darüber hinaus drainiert ein kleiner Anteil des venösen Bluts in die Vv. uterinae, die am Hilum ovarii mit den Ovarialvenen ein Venengepflecht (Plexus venosus ovaricus) bilden.
Lymphabfluss
Die regionären Lymphknoten der Ovarien liegen lumbal und paraaortal (Nll. lumbales und paraaortales). Die Lymphe fließt dabei hauptsächlich im Lig. suspensorium ovarii entlang der Vasa ovarica. Bei Ovarialtumoren sind dort primäre lymphogene Metastasen zu erwarten.
Innervation
Aufgrund des Deszensus des Ovars stammen die vegetativen Nerven teilweise aus dem Plexus mesentericus superior und dem Plexus renalis sowie dem Plexus hypogastricus inferior.
Embryologie
In der 5./6. Embryonalwoche wandern Urkeimzellen in die Genitalleiste ein und siedeln sich in den sogenannten Keimsträngen an. Diese epithelartigen Ovaranlagen gelten als Vorläufer des Follikelepithels und stammen vermutlich teilweise vom einwachsenden Zölomepithel und teilweise von Resten der Urniere (Mesonephros) ab.
Die primären Keimstränge gehen als sogenannte Markstränge zu Grunde, während das Zölomepithel weiter proliferiert und sekundäre Keimstränge (Ringstränge) bildet. Diese zerfallen in Zellhaufen, die jeweils eine oder mehrere Urkeimzellen umhüllen (Eiballen). Die Urkeimzellen durchlaufen die Meiose und verbleiben dann als Oogonien (Oozyten) im Diktyotän (Wartestadium) in der Rinde des Ovars. Dabei werden sie von einer Schicht flacher Follikelepithelzellen umgeben (Primordialfollikel). Die Entwicklung in das nächste Stadium findet erst nach Eintritt der Pubertät statt.
Zwischenzeitlich wird das untere Keimdrüsenband zum Lig. ovarii proprium (zwischen Ovar und Tubenwinkel des Uterus) und zum Lig. teres uteri (vom Tubenwinkel durch den Leistenkanal bis zu den großen Schamlippen ziehend); Beim Mann entspricht dies dem Gubernaculum testis. Das obere Keimdrüsenband bleibt als Lig. suspensorium ovarii bestehen.
Histologie
Das Oberflächenepithel (Mesothel) des Ovars ist bei jungen Frauen einschichtig kubisch. Darunter folgt eine schmale derbe Bindegewebsschicht (Tunica albuginea), die das Stroma kapselartig umgibt.
Beim Ovar wird zwischen Rinde (Cortex ovarii) und Mark (Medulla ovarii) unterschieden, wobei die Rinde den größten Teil bildet. Das Rindenstroma besteht aus ungewöhnlich zellreichem spinozellulären Bindegewebe, in das die Follikel eingebettet sind. Im Endstadium wird dieses ausgestoßen (Ovulation) und hinterlässt einen Progesteron produzierenden Gelbkörper (Corpus luteum), der bei ausbleibender Befruchtung als bindegewebiger Weißkörper (Corpus albicans) zurückbleibt.
In der Nähe zum Hilum befindet sich das Mark, in dem keine Follikel vorkommen. Es besteht aus lockerem Bindegewebe und zahlreichen Blutgefäßen. Außerdem enthält es Nerven und kleine Gruppen endokrin aktiver interstitieller Zellen (Hilum-Zellen), die den Leydig-Zwischenzellen des Hodens entsprechen. Im Mark kommen keine Follikel vor.
Mehr zur Histologie des Ovars findest du im dazugehörigen Histologie-Artikel.
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Funktion und Physiologie
Das Ovar ist das primäre Reproduktionsorgan der Frau. Hier reifen die Eizellen bis zum Endstadium und werden beim Eisprung in den Eileiter abgestoßen. Darüber hinaus produziert es u.a. die wichtigen Hormone Östrogen und Progesteron.
Die Ovarialfunktion wird über die pulsatil freigesetzten Hormon LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) aus der Adenohypophyse gesteuert, welche wiederum durch das pulsatil freigesetzte hypothalamische GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) reguliert werden. Der Blutspiegel der Sexualsteroide wirkt dabei im Sinne einer negativen Rückkopplung auf die höheren Instanzen Hypophyse und Hypothalamus. In den Ovarien werden hauptsächlich die weiblichen (Östrogene, Gestagene) aber auch männliche Sexualsteroide (Androgene) gebildet, sowie die gonadalen Peptide Aktivin, Inhibin und Follistatin.
Synthese der Sexualhormone
Die Sexualhormone leiten sich als Steroide vom Sterangerüst des Cholesterins ab. Unter der Kontrolle des LH werden in den Thekazellen der ovariellen Follikel Androgene gebildet. Nach Abspaltung einer Kohlenstoffseitenkette entsteht so zunächst Pregnenolon, was weiter in 17a-Hydroxypregnenolon oder Progesteron umgewandelt wird. Beide Metaboliten werden in Androstendion umgewandelt, woraus Testosteron entsteht. Nach Diffusion in die inneren Zellschichten der Follikel werden die beiden letzten Metabolite unter FSH-Einfluss von den Granulosazellen mit Hilfe des Enzyms Aromatase in Estradiol und dem schwächer wirksamen Estron umgewandelt.
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Menstruationszyklus
Ab dem Zeitpunkt der Geschlechtsreife wird im Ovar zyklisch ein sprungbereiter Follikel gebildet. Der ovulatorische Zyklus dauert in der Regel etwa 28 Tage. Der Eisprung am 14. Tag teilt ihn in eine östrogene (Follikelphase) und eine gestagene Phase (Lutealphase). Während die Länge der Follikelphase von Frau zu Frau variiert (7 bis 21 Tage), ist die Lutealphase mit einer Dauer von 14 Tagen recht konstant.
Weitere Informationen über die wichtigsten Organe des weiblichen Geschlechtssystems findest du in unseren Lerneinheiten:
Klinik
Ovarialkarzinom
Das Ovarialkarzinom ist die vierthäufigste Todesursache bei Frauen und kann Frauen jeden Alters betreffen. 90% der Karzinome treten sporadisch auf, bei etwa 10% der Fälle geht man von einer genetischen Disposition aus. Die meisten Ovarialkarzinome leiten sich vom Oberflächenepithel ab, doch auch Tumore der Keimzellen, des Bindegewebes oder Metastasen sind nicht selten.
Klinisch verursachen sie keine oder nur unspezifische Beschwerden, sodass sie oft erst im späten Stadium diagnostiziert werden. Bei der operativen Entfernung ist es wichtig darauf zu achten, dass solide Tumore des Ovars nicht intraabdominell zerkleinert werden dürfen. Sie müssen in toto entnommen werden, damit es im Falle eines malignen Tumors nicht zur Verschleppung des Tumorgewebes kommt.
Menstruationsstörungen
Als Ursache für Blutungsstörungen kommen zahlreiche endokrine, anatomische bzw. organische und iatrogene Faktoren in Frage. Bei Frauen im reproduktiven Alter sollte zunächst immer eine Schwangerschaft in Betracht gezogen werden. Liegt der abnormalen uterinen Blutung eine hormonelle Ursache zugrunde, spricht man von einer dysfunktionalen Blutung. Beim zeitgleichen Auftreten von Hypomenorrhö (abgeschwächte Blutung) und Gewichtsabnahme, ist an eine Essstörung zu denken.
Stielgedrehtes Ovar
Um die Achse des Lig. suspensorium ovarii ist in gewissen Maße eine Drehbewegung des Ovars möglich. Exzentrische Verformungen des Ovars (z.B. bedingt durch einen großen Graaf-Follikel oder eine Zyste) begünstigen eine solche Drehung.
Diese sogenannte Stieldrehung führt zur Abklemmung der im Ligament verlaufenden Gefäße, welches die weitere Versorgung des Ovars stark gefährdet. Die Stieldrehung äußert sich in akut auftretenden massiven Unterbauchschmerzen und macht eine sofortige Operation notwendig.
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Kim Bengochea, Regis University, Denver