Lunge (Pulmo)
Die Lunge (Pulmo) ist ein Organ des Kreislaufsystems, das sich im Thorax befindet und von der Pleura umgeben wird. In ihr findet der Gasaustausch statt, welcher die Oxygenierung des Blutes und die Abatmung von im Blut befindlichem Kohlenstoffdioxid beinhaltet.
Dadurch ist die Lunge auch zentraler Bestandteil der Regulation des Säure-Base-Haushaltes. Sekundär ist die Lunge ein immunkompetentes sowie ein endokrines Organ.
Lungenanatomie | - Apex, Basis, Margo anterior und inferior, Lungenhilus - Am Lungenhilus befinden sich EIn- und Austrittsstellen der Pulmonal- und Bronchialgefäße (A./Vv. pulmonalis, Oberlappenbronchius, Hauptbronchius, Vasa bronchialis, Lymphgefäße, Nerven) |
Embryologie |
Pseudoglanduläre Phase (6. - 16. Woche) Kanalikuläre Phase (16. - 26. Woche) Sakkuläre Phase (26. Woche bis Geburt) Alveoläre Phase (32. Entwicklungswoche bis etwa 8. Lebensjahr) |
Lappen | Rechter Oberlappen (Lobus superior pulmonis dextri) Rechter Mittellappen (Lobus medius pulmonis dextri) Rechter Unterlappen (Lobus inferior pulmonis dextri) Linker Oberlappen (Lobus superior pulmonis sinistri) Linker Unterlappen (Lobus inferior pulmonis sinistri) |
Arterien | Vasa publica = Aa. pulmonales (Pulmonalarterien); Vasa privata = Aorta thoracalis, A. thoracica interna und 3. oder 4. -Interkostalarterie (rechts). |
Venen | Vasa publica = Vv. pulmonales (Pulmonalvenen); Vasa privata = Vv. bronchiales in die V. azygos (rechts) und V. hemiazygos (links). |
Lymphabfluss | Besteht aus einem peribronchialen und einem subpleuralen System. |
Innervation | - Die Lungen werden sensibel, parasympathisch und sympathisch innerviert. - Rr. bronchiales (Nervus vagus) und Rr. pulmonales (Truncus sympathicus) bilden ventral und dorsal der Hauptbronchien den Plexus pulmonalis. |
- Aufbau
- Projektion und Topographie
- Versorgung und Lymphabfluss
- Innervation
- Histologie
- Embryologie
- Funktion der Lungen
- Literaturquellen
Aufbau
Die Lungen sind paarig angelegt und von der Pleura visceralis umschlossen, welche ihnen faltenfrei aufliegt. In vivo haben sie eine weiche, schwammartige und elastische Konsistenz. Ihr Volumen beträgt etwa 2 bis 3 Liter, kann jedoch bei maximaler Einatmung unter willentlicher Zuhilfenahme der Atemmuskulatur auf etwa 6 bis 8 Liter steigen.
Die beiden Lungenflügel gleichen sich in ihrem Aufbau, jedoch mit einem geringfügigen Unterschied. Die rechte Lunge (Pulmo dexter) besteht aus drei Lappen, die linke Lunge (Pulmo sinister) aus zwei Lappen. Der Aufbau ist folgendermaßen:
- rechter Oberlappen (Lobus superior pulmonis dextri)
- rechter Mittellappen (Lobus medius pulmonis dextri)
- rechter Unterlappen (Lobus inferior pulmonis dextri)
- linker Oberlappen (Lobus superior pulmonis sinistri)
- linker Unterlappen (Lobus inferior pulmonis sinistri)
Die Lappen untergliedern sich weiter in 19 Lungensegmente (Segmenta bronchopulmonalia), 10 rechts und 9 links. Diese bestehen aus kleineren, durch bindegewebige Septen getrennten Lungenläppchen (Lobuli pulmonales) mit Azini. Das luftleitende System von der Bifurkation der Trachea bis hin zu den Alveolen wird als Bronchialsystem zusammengefasst.
An beiden Lungen werden die kuppelförmige Spitze (Apex pulmonis), der konkave Boden (Basis pulmonis) sowie die jeweiligen Seitenränder (Margo anterior und inferior) unterschieden.
In der ventralen Ansicht läuft auf beiden Lungen zwischen dem Ober- und Unterlappen ein makroskopisch sichtbarer Spaltraum, die Fissura obliqua. Rechts findet sich zusätzlich zwischen Ober- und Mittellappen die Fissura horizontalis. Die Fissuren geben der Lunge während des Atemzyklus einen Verschieberaum um sich auszudehnen.
Von medial zeigen sich die Ein- und Austrittsstellen der Pulmonalgefäße sowie der Bronchien (Lungenhilus). Diese sind seitenungleich und spezifisch angeordnet:
- Rechts liegt der Oberlappenbronchus kranial der Äste der A. pulmonalis (eparteriell), kaudal davon finden sich die Äste der Vv. pulmonales.
- Links liegt der Hauptbronchus unterhalb der A. pulmonalis (hyparteriell). Des Weiteren treten hier die Vasa bronchiales, Lymphgefäße und Nerven ein und aus. Alle Strukturen, die durch den Lungenhilus ziehen, werden zusammen als Lungenwurzel (Radix pulmonalis) bezeichnet.
Um den Hilus herum zeigt sich auf der Oberfläche ein Eindruck des anliegenden Herzens (Impressio cardiaca), des Ösophagus (Impressio oesophagea) und der Aorta (Impressio aortica). An der rechten Lunge liegen zusätzliche Vertiefungen für die V. azygos, V. cava superior und weitere Gefäße vor.
Projektion und Topographie
Projektion
Die Projektion der Lungen auf die Körperoberfläche ist abhängig vom Abschnitt des Atemzyklus, in dem sich die Lunge gerade befindet. In Expiration folgt der Verlauf lateral der Form des Thorax, nach kranial erstrecken sich die Lungenspitzen ca. 1,5 cm über der 1. Rippe.
Die Spitzen laufen kaudal des Manubrium sterni zusammen und liegen eng aneinander ohne sich zu berühren. Entlang der Fläche des Corpus sterni verlaufen die beiden medialen Lungenränder parallel zueinander. Im Bereich des Processus xiphoideus sterni gehen sie auseinander und verlaufen mit der der 6. Rippe beideits.
Die linke Lunge zeigt eine dreiecksförmige Aussparung ihrer Projektion, da dort das Herz liegt. In Inspiration projizieren die beiden Lungen eine Rippenhöhe weiter nach kaudal, was dem Bewegungsspielraum im Verlauf des Atemzyklus entspricht.
Dorsal erstreckt sich die Lunge bis zum lateralen des Thorax und nach medial bis an die Wirbelkörper. Nach kaudal reicht sie bis zum 9. bis 10. Brustwirbelkörper, bei Inspiration zwei Wirbelkörperhöhen weiter nach kaudal.
Topographie
Die Lungen liegen in den Pleurahöhlen verankert, was durch die Pleuraflüssigkeit erreicht wird, welche einerseits als Gleit- und Verschiebefilm und andererseits als Adhäsiv dient. Die Pleurahöhlen nehmen den intrathorakalen Raum vom Zwerchfell bis zur Pleurakuppel unterhalb der A. subclavia ein und umlagern damit das Mediastinum von lateral. Ergüsse im Pleuraspalt oder Raumforderungen der Lunge können nur nach medial ausweichen und pressen deshalb auf die Strukturen des Mediastinums (z.B. Herz, Aorta und Ösophagus).
Der Hauptbronchus verläuft im oberen Mediastinum und tritt auf dieser Höhe in den Lungenhilus ein. Da das Herz zwar im unteren mittleren Mediastinum liegt, jedoch in seiner Lage etwas stärker linksbetont ist, benötigt es Raum unterhalb der linken Lunge. Die linke ist daher grundsätzlich geringfügig kleiner als die rechte.
Beide Lungen liegen an der Facies diaphragmatica dem Zwerchfell unmittelbar auf. Die Kontraktion und Entspannung des Zwerchfells ist damit ein Teil der Atemfunktion („Zwerchfellatmung“). Sie ist lebensnotwendig, was dadurch verdeutlicht wird, dass eine Denervierung des Zwerchfells zum Tode führt.
Versorgung und Lymphabfluss
Ähnlich wie das Herz verfügt die Lunge über zwei Gefäßsysteme: ein systemisches, "öffentliches" ohne Versorgungsfunktion (Vasa publica) und ein "privates" für die Deckung des Eigenbedarfes (Vasa privata). Im Gegensatz zum großen Kreislauf enthalten die Arterien des Lungenkreislaufs desoxygeniertes Blut, die Venen dagegen oxygeniertes.
Arterien
Die systemische Versorgung geschieht über die Aa. pulmonales (Pulmonalarterien). Diese erhalten desoxygeniertes Blut aus dem rechten Ventrikel des Herzens, von wo es in den Truncus pulmonalis eintritt, welcher sich in die Pulmonalarterien verzweigt. Diese laufen entlang der Hauptbronchi und verzweigen sich genau wie dieser baumartig entlang des Bronchialsystems.
Gefäße für die Eigenversorgung der Lunge stammen direkt aus der Aorta thoracica, A. thoracica interna und 3. oder 4. Interkostalarterie (rechts), welche Rami bronchiales (Aa. bronchiales) zu beiden Lungen abgibt.
Venen
Das in die Lungen transportierte Blut wird in den Alveolen oxygeniert, fließt von dort über die Vv. pulmonales (Pulmonalvenen) in den linken Vorhof und wird durch das Herz in den Körperkreislauf eingebracht.
Der Abfluss des venösen Blutes der Vasa privata geschieht über Vv. bronchiales in die V. azygos (rechts) und V. hemiazygos (links). Die peripheren Bronchialvenen münden dagegen direkt in die Pulmonalvenen, wodurch das in das linke Herz zurückfließende Blut nicht 100% oxygeniert ist.
Lymphabfluss
Das pulmonale Lymphsystem besteht aus zwei Komponenten: einem peribronchialen und einem subpleuralen System, welche erst im Hilusbereich zusammenfließen.
Das peribronchiale beginnt mit feinen Lymphgefäßen im peribronchiolären Bindegewebe, die zentral im Lungenläppchen liegen und dem Verlauf der Aa. pulmonales folgen. Die ersten feinen Lymphknoten befinden sich im Bereich der Aufteilung der Lappen- in die Segmentbronchien (Nll. bronchopulmonales).
Von diesen fließt die Lymphe weiter in die Nll. tracheobronchiales inferiores und superiores. Von hier aus gibt es mehrere weitere Abflusswege: über die an der Trachea gelegenen Lymphknoten, den Truncus bronchomediastinalis, den Truncus mediastinalis anterior oder auch direkt in den Ductus thoracicus.
Das subpleurale System beginnt in der Subserosa der Pleura visceralis und folgt dem Verlauf der Vv. pulmonales. Die Lymphe drainiert in die Nll. tracheobronchiales superiores und inferiores, an denen sich beide Lymphsysteme der Lunge vereinigen.
Innervation
Die Lungen werden sensibel, parasympathisch und sympathisch innerviert. Äste des Nervus vagus (Rr. bronchiales) und des Truncus sympathicus (Rr. pulmonales) bilden ventral und dorsal der Hauptbronchien den Plexus pulmonalis.
Parasympathische Aktivität führt bei Ruheatmung zu einer Verengung der Bronchien (Bronchokonstriktion). Dadurch wird das Totraumvolumen des Bronchialsystems verringert, was den Anteil der „unproduktiven“ Atemarbeit verringert.
Sympathische Aktivität führt zur Bronchodilatation, was den Atemwegswiderstand verringert und zu einer verstärkten Ventilation (Belüftung) der Alveolen führt. Das Totraumvolumen wird dadurch zwar vergrößert, gegenüber dem deutlich erhöhten Atemzugvolumen ist dieses jedoch funktionell unbedeutend.
Beide Lungen sind durchweg gut afferent innerviert und enthalten u.a. langsam adaptierende Dehnungssensoren für die Atemregulation, Irritant-Sensoren, die auf chemische und mechanische Reize reagieren, sowie Nozisensoren, die Gewebsschädigungen der Bronchialschleimhaut detektieren und über den Grenzstrang an das Rückenmark (Th2-Th5) weiterleiten.
Histologie
Die makroskopisch sichtbaren Lungen werden durch die hochfeinen Verästelungen des Bronchialsystems gebildet. Diese teilen sich dichotom über zahlreiche Generationen und bilden damit die eigentliche Lunge, was deren schwammartige Konsistenz erklärt: Die sichtbaren „luftleeren“ Räume sind Alveolarräume, die sich makroskopisch zu Gruppen zu vereinen scheinen. Ein eigentliches pulmonales Parenchym, das unabhängig vom Bronchialsystem ist, gibt es nicht.
Embryologie
Die primitive Anlage des Atemtraktes entsteht in der ventralen Vorderdarmwand. In der 4. Woche schnürt sich die Trachea vom Vorderdarm durch das Septum oesophagotracheale ab. Aus dem vorderen Abschnitt bildet sich die Anlage für die Lunge, eine linke und rechte Lungenknospe. Die rechte teilt sich in drei Äste, die linke in zwei, welche die Anlagen für die späteren Hauptbronchien darstellen.
Die Reifung der Lunge geschieht durch ein dichotomes Wachstum dieser Hauptbronchien: Ein Ast wird in zwei geteilt, dieser abermals in zwei usw. Dieser Prozess dauert von der 6. Entwicklungswoche bis etwa zum 8. Lebensjahr des geborenen Kindes und wird in vier Phasen unterteilt:
- pseudoglanduläre Phase (6. - 16. Woche): Die Zweige des Bronchialbaumes teilen sich, ab der 13. Woche bilden sich erste Flimmerepithelzellen. In dieser Phase sieht die Lunge aus wie eine tubuloazinöse Drüse aus.
- kanalikuläre Phase (16. - 26. Woche): Aus den Bronchioli terminalis gehen Bronchioli respiratorii hervor und aus diesen die Ductuli alveolares; im umliegenden Gewebe bildet sich ein Gefäßnetz heraus.
- sakkuläre Phase (26. Woche bis Geburt): Primitive, sackartige Alveolen werden ausgebildet und nehmen Kontakt zu den umliegenden ausdifferenzierten und gereiften Kapillaren auf.
- alveoläre Phase (32. Entwicklungswoche bis etwa 8. Lebensjahr): Die Alveolen differenzieren sich, reifen und bilden eine funktionsfähige Blut-Luft-Schranke aus. Die sakkuläre und die alveoläre Phase überschneiden sich und laufen parallel ab.
Ab der 20. Entwicklungswoche wird das Surfactant gebildet, ein Lipoproteingemisch, welches die Oberflächenspannung der Alveolen herabsetzt und überhaupt erst die Entfaltung der Lunge ermöglicht. Ein Mangel an Surfactant beim Neugeborenen führt unbehandelt in der Regel zum Tode.
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Funktion der Lungen
Die Hauptfunktion der Lungen ist der Gasaustausch, durch welchen einerseits molekularer Sauerstoff ins Blut aufgenommen und gebunden und andererseits im Blut gebundenes und gelöstes Kohlenstoffdioxid abgegeben wird. Die vergleichsweise dünnen Wände der Alveolen tragen die reichen Kapillarnetze des Lungenkreislaufs, durch welche das Blut kontinuierlich angeliefert und dem Gausaustausch zugeführt wird. Dies geschieht über Diffusion zwischen Alveolarluft und kapillärem Blut.
Die Kapazität und die Geschwindigkeit des Gasaustausches ist abhängig vom Partialdruckunterschied zwischen Einatemluft und Blut, der Dicke der Diffusionsstrecke sowie der Größe der Diffusionsfläche. Ungewohnte Partialdruckunterschiede (z.B. beim Tauchen oder in besonderen Höhen), eine pathologische Zunahme der Diffusionsstrecke (z.B. bei Bindegewebsvermehrung in der Lunge) oder die Zerstörung von Lungengewebe können die Fähigkeit ausreichend Sauerstoff aus der Luft aufzunehmen erheblich verringern.
Das Gleichgewicht zwischen Abgabe von Kohlenstoffdioxid und Aufnahme molekularen Sauerstoffes ist ein primäres Merkmal der Regulation des Säure-Base-Haushaltes. Im menschlichen Körpers ist dieses System ein offenes, wobei die Lunge hier die Berührung mit der Außenwelt darstellt.
Neben der Funktion als Atemorgan hat die Lunge auch eine immunologische Funktion. Die Gesamtheit aus Lungenkapillaren und Bronchialsystem ist reich an bewegungsarmen Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten. Diese fangen zum einen Erreger ab, die mit der Einatemluft aufgenommen werden, zum anderen eleminieren sie körpereigene verschleppte Zellen. So gelangen u.a. Zellen des mononukleären Phagozytensystems, die sich aus der Leber gelöst haben, in die Lunge um dort abgebaut zu werden. Die Lunge ist damit neben der Leber das einzige Organ, welches über ein derart ausgeprägtes intravasales leukozytäres System verfügt.
Des Weiteren hat die Lunge endokrine Funktionen. Über das Parenchym finden sich neuroendokrine Zellen verteilt, welche – zusammen mit dem Darm – große Mengen an Serotonin und anderen Stoffen produzieren. Diese dienen nicht als Neurotransmitter im Gehirn, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, sondern wirken als lokale Hormone zur Modulation und Vermittlung von Funktionen zwischen inneren Organen.
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Kim Bengochea, Regis University, Denver